Die hier veröffentlichen bzw. verlinkten Karten entstanden im Rahmen des Digital Humanities Praxisprojekts von Maximilian Michel im Wintersemester 2021/2022. Diese Karten visualisieren verschiedene Orts- und Personenbeziehungen, die sich aus den aufbereiteten Metadaten der Mainzer Geburtsbriefe ergeben haben.

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Die Briefempfänger*innen stammen zwar aus verschiedensten Orten, ausgestellt wurden die Dokumente jedoch häufiger im nächstgrößeren Ort oder einer Stadt, inbesondere wenn es sich dabei um Lehrbriefe von Maurer- oder Küferzunft handelte.Die nebenstehende Karte verdeutlicht die Verteilung der Geburtsbrief-Ausstellungsorte: Besonders häufig vorkommende Städte sind stärker eingefärbt.

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Abb. 1: Verteilung der Ausstellungsorte deutschsprachigen Raum.

In der interaktiven Ansicht werden die Unterschiede noch deutlicher: Städte wie Mainz oder Würzburg sind der häufigste Ausstellungsort von Geburts- oder Lehrbriefen - Mainz insbesondere wegen den dort ansässigen Zünften (siehe nächster Abschnitt). Beim Hovern über die einzelnen Punkte werden Ortsname und Häufigkeit der Erwähnungen eingeblendet. Mit dem Regler rechts oben lassen sich die Ergebnisse eingrenzen.

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Abb. 2: Mainz, Aschaffenburg und Würzburg waren die häufigsten Ausstellungsorte von Geburts- und Lehrbriefen.

Aber auch andere Städte wie Aschaffenburg, Würzburg oder Koblenz sind häufig genannte Ausstellungsorte. Interessant ist, dass Stadtteile wie beispielsweise Mainz-Weisenau oder Frankfurt-Höchst zum Zeitpunkt der Ausstellung noch eigenständige Orte waren, bevor sie eingemeindet wurden und im Territorium der größeren Nachbarstadt aufgingen.

Geburtsbriefe und -urkunden wurden meist von der lokalen Autorität des Geburtsortes ausgestellt, während andere Dokumente wie Lehrbriefe vom entsprechenden Lehrbetrieb oder der Zunft stammten. Geburtsort der Person und Ausstellungsort des Briefes konnten als durchaus weit auseinanderliegen. Die beiden untenstehenden Karten zeigen, wie unterschiedlich die Distanzen bei den Dokumenttypen ausfallen: Bei den Geburtsbriefen tauchen vergleichsweise wenige größere Distanzen auf, häufig sind Geburts- und Ausstellungsort auch ein- und derselbe. Die übrigen Dokumente, beispielsweise Lehrbriefe, Meisterbriefe oder Ernennungen, belegen die Mobilität von Personen durch den gesamten deutschsprachigen Raum und sogar darüber hinaus.

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Abb. 3: Distanzen Geburtsort-Aussellungsort bei Geburtsbriefen.
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Abb. 4: Distanzen Geburtsort-Aussellungsort bei Lehrbriefen.

Die Daten des Stadtarchivs zeigen, wie weit die Distanzen zwischen den Geburtsorten der Personen und Mainz liegen, wo sie ihre Ausbildung absolvierten und/oder ihren Beruf ausübten. Viele der genannten Personen kamen zwar aus dem näheren Umfeld oder aus Mainz selbst, aber auch Distanzen von über 1000 Kilometer sind bezeugt, etwa aus dem böhmischen Ungarisch Brod, dem heutigen Uherský Brod an der tschechisch-ungarischen Grenze.

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Abb. 5: Die Empfänger*innen der in Mainz ausgestellten Lehr- und Gesellenbriefe stammten auch aus Böhmen oder den Niederlanden.

Besagte Person aus Uherský Brod, nämlich Joseph Kaluscha, bekam seinen Gesellenbrief vom kurfürstlichen Hofgärtner in Mainz ausgestellt und steht beispielhaft für die Anziehungskraft der Stadt, deren Erzbischof einer der Kurfürsten des Alten Reichs war. Weitere Beispiele für die zahlreichen Möglichkeiten der Stadt sind die Briefe von Hofapothekern oder auch Freimaurerlogen in Mainz. Für derartige Karrierechancen oder Vernetzungsmöglichkeiten dürften auch längere Reisen gerne unternommen worden sein. In der interaktiven Karte können sowohl die Distanzen zwischen Geburts- und Ausstellungsort als auch Informationen über den/die Briefempfänger*in abgelesen werden, indem über die entsprechenden Symbole gehovert wird.

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Geburtsbriefe wurden von regionalen Autoritäten ausgestellt, meistens im Geburtsort oder einer nahegelegenen größeren Stadt. Sowohl Einzelpersonen als auch Institutionen im weitesten Sinn (Klöster, Ämter, Kanzleien etc.) beglaubigten die Dokumente dabei. Die Aussteller konnten sowohl geistlich als auch weltlich sein, auch wenn bei Weitem die meisten Ausstellungen weltlicher Natur waren.

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Abb.6: Verteilung der Aussteller-Kategorien.

Die Aussteller in feinere, trennscharfe Kategorien einzuteilen, ist aufgrund der regionalen Unterschiede und des großen Untersuchungszeitraums nur schwer möglich. Dennoch lassen sich die Datensätze in einige Überkategorien einteilen. Unter die häufigste Klasse "Stadt/Territorium" fallen beispielsweise Briefe, die von einer Gemeinde, Stadt, Markt oder Ähnlichem ausgestellt wurden. Ebenfalls sehr häufig wurden Dokumente von Gerichten aller Art unterzeichnet, etwa Vogtei- oder Dorfgerichte, aber auch Immunitätsgerichte. Dass Zünfte mit 51 Einträgen derart oft als Aussteller vorkommen, liegt daran, dass fast alle Gesellen- oder Lehbriefe die Beglaubigung durch die jeweilige Zunft erhalten haben.

Ein Großteil der 994 Einträge umfassenden Dokumentensammlung besteht aus Geburts- oder Lehrbriefen. Allerdings tauchen auch Freimaurerurkunden aus Mainz, Illegitimitätslöschungen oder Pfalzgrafenernennungen auf - letztere sogar von Kaiser Franz I. unterzeichnet. In der interaktiven Ansicht besteht die Möglichkeit, die Dokumente nach Datum, Dokumenttyp, Ausstellerkategorie sowie Geschlecht der Empfänger*in zu filtern.

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Die obige Ansicht ermöglicht zwar zahlreiche Filtermöglichkeiten, allerdings können dafür pro Ausstellungsort nur ein Dokument angezeigt werden. Die Vielfalt von Städten wie Mainz oder Aschaffenburg geht auf diese Weise verloren. Um das auszugleichen, sind die Dokumente in der nächsten interaktiven Karte in Clusterform dargestellt. Je größer die Zahl, desto mehr Briefe wurden im Umfeld ausgestellt. Durch das Heranzoomen oder Anklicken eines Clusters wird der Detailgrad erhöht. Sobald eine weitere Aufteilung der Cluster nicht mehr möglich ist, lassen sich durch das erneute Anklicken alle Dokumente betrachten, die an diesem Ort ausgestellt wurden. Die Filtermöglichkeiten nach Geschlecht und Sprache bleiben weiterhin erhalten.

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