Geburtsbriefe sind eine historische Quellengattung, die Auskunft über Herkunft und Ausbildungswege von Personen gab. Diese Informationen waren besonders dann wichtig, wenn Personen (mehrfach) den Wohnort wechselten und außerhalb ihres Geburts- oder Ausbildungsorts z.B. einem Handwerk nachgehen wollten.

Einige Städte wie Münster haben die in ihren Archiven vorhandenen Geburtsbriefe bereits ausführlich beschrieben und wissenschaftliche ediert. In Mainz sind im Katalog des Stadtarchivs Metadaten, kurze Zusammenfassungen und ausgewählte Digitalisate vorhanden. Weitere Geburtsbriefe sowie Lehrbriefe, die für Handwerker ausgestellt wurden, hat das Stadtarchiv für diese digitale Edition und die "Digitale Kartenwerkstatt Altes Reich" digitalisiert.



Fig. 1 - Geburtsbriefe in lateinischer und französischer Sprache

Die Geburts- und Lehrbriefe im Bestand des Stadtarchivs Mainz wurden sowohl in deutscher Sprache als auch auf Latein und Französisch verfasst. Die Herkunft der Personen erstreckt sich über das gesamte Heilige Römische Reich sowie benachbarte Regionen wie die Schweiz und das heutige Belgien.

Die meisten Personen kamen offenbar aus anderen katholischen Regionen. In einigen Geburtsbriefen wird außer der ehelichen Geburt auch das Bekenntnis zur katholischen Konfession betont. Auskunft über die Einwanderungpolitik der kurfürstlichen Regierung und die Migration nicht-katholischer Personen nach Mainz gibt Heinrich Schrohe's Die Stadt Mainz unter kurfürstlicher Verwaltung (1462 - 1792), erschienen 1920.

Gründe der Migration konnten beruflicher oder privater Natur sein. Die Familie Meletta, die aus der italienischsprachigen Schweiz stammte, war gewerblich in Mainz tätig, wohingegen Jeanne le Pourceau für eine Eheschließung nach Mainz kam.



Fig. 2 - Geburtsbriefe aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts mit graphischen Elementen

Ältere Geburts- und Lehrbriefe sind meist handschriftlich verfasst und mit einem Wachssiegel versehen. Später finden sich zunehmend Papiersiegel, die auf die Urkunden geklebt wurden.

Lehrbriefe für Handwerksgesellen wurden im ausgehenden 18. Jahrhundert außerdem in Form gedruckter Formulare ausgestellt, in die individuelle Angaben zur Person handschriftlich eingetragen werden konnten. Als Beispiele dafür haben wir die Geburtsbriefe für Carl Anton Mayer, Joseph Kaluscha und Georg Gramer ediert.

Diese gedruckten Urkunden sind oft auch reich illustiert. Die graphischen Elemente wie Wappen, Porträtkartuschen und emblematische Darstellungen verweisen einerseits auf den örtlichen Kontext (z.B. Stadtansichten oder Personifikationen von Flüssen), den Landesherren oder die örtliche Zunftgemeinschaft, stellen andererseits aber auch allgemeine Tugenden (z.B. Distel als Symbol für Beständigkeit) dar.



Weiterführende Literatur:

  • Brandes, Georg. Urkunden der Handwerker: Vom Lehrling zum Meister. Berlin: epubli GmbH, 2015.
  • Commissio Serenissima Domini Ducis Electoris Specialis. INFORMATION Uber den Gebrauch deß Churfuerstl. Sigl-Pappiers, welche auß dem unterm 10. Julij dises 1717ten Jahrs in Truck außgefertigt-neuen General-Mandat gezohen werden.: Datum Muenchen den 10. Julij Anno 1717. Ex Commissione Serenissimi Domini Ducis Electoris Speciali. München: [kurfüstlicher Hof], 1717.
  • Fink, Andrea. „Der Geburtsbrief als Führungszeugnis“. Bad Kreuznacher Heimatblätter, 1998.
  • Fürstenberg, Froben Ferdinand von: Nachdeme vorgekommen, daß ob zwar in verschiedenen Reichs-Abschieden, insonderheit aber der aufgerichteten Reformation guter Policey im Jahr 1530. Tit. 39. Item 1548. Tit. 36. et 37. sodann 1577. Tit. 37. et 38. wegen Abstellung derer, bey denen Handwerckeren insgemein sowohl, als absonderlich mit denen Handwercks-Knechten, Söhnen, Gesellen und Lehr-Knaben eingerissener Mißbräuche allbereits gar heilsahme Fürsehung geschehen, solchem aber nicht allerdings nachgelebet worden, auch nach und nach deren mehr andere bey vorgedachten Handwerckeren eingeschlichen; Als ist vor nöthig erachtet worden, daß obgedachte Satzungen, und was wegen der Handwercker im jüngsten Reichs-Abschied de Anno 1654. Paragraph. wie nun solches von den Causis Mandatorum et simplicis querelae Paragraph. 106 verordnet, nicht allein zu erneueren, sonderen auch folgender gestalt zu verbesseren, und zu vermehren: Signatum Regenspurg den 4. Septembris 1731. Regensburg, 1731.
  • Genealogie-Tagebuch. „Geburtsbrief“. Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • GenWiki. „Geburtsbrief“. Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Lausser, Hans. Chamer Geburtsbriefe, Auswanderungen und Stammlinien. Regensburg: Gesellschaft für Familienforschung in der Oberpfalz, 2009.
  • Nebinger, Gerhart. Geburts- und Freibriefe 1543-1700 der Reichsstadt Kempten. Kallmünz: Laßleben, 1988.
  • Rechercheportal UB Mainz. "Studien zur Namenkunde". Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Scheutz, Martin, und Herwig Weigl. „Ratsprotokolle österreichischer Städte“. In Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert), herausgegeben von Josef Pauser, Martin Scheutz, und Thomas Winkelbauer, 590–610. Wien: Böhlau Verlag, 2004.
  • Stadt Dresden. „Stadtarchiv erhält Innungsdokumente aus dem 17. Jahrhundert“. www.dresden.de. Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Stadt Münster. „Vom Stadtarchiv herausgegebene Publikationen - Quellen“. Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Stadtmuseum Ingolstadt. „Mobilität im 17. Jh.“ Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Trugenberger, Volker. „Mannrechtsbriefe und Geburtsbriefe“. LEO BW, zugegriffen 14. Januar 2021.
  • WGfF - Trier. "Geburtsbriefe" Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Universität Münster. „Einwohner und ihre Rechte“. Zugegriffen 14. Januar 2021.
  • Wikipedia. „Geburtsbrief“. Zuletzt aktualisiert am 9. September 2019.