- ein Beispiel für Mobilität in der frühen Neuzeit

Die Sammlung der Geburtsbriefe aus Mainz enthält zahlreiche Dokumente, die über mehrere Lebensstationen von Personen Auskunft geben. Ein Beispiel dafür ist der Lehr- bzw. Gesellenbrief des 19 jährigen Gesellen Karl Anton Mayer, der gebürtig aus Mainz kam.

Er arbeitete zum Zeitpunkt der Ausstellung im Jahr 1769 seit einem Jahr und zwei Wochen bei Maurermeister Simon Neurohr. Carl Anton Mayer wird als "Treu, Fleißig, Still, Fri[e]dsam und Ehrlich" beschrieben. Dies geht hervor aus dem in Mainz ausgestellten Gesellenbrief vom 22. August 1769.

Auf seiner Wanderschaft erreichte er Straßburg am 27. Oktober 1769 um 4 Uhr. Dort hielt sich Mayer für kurze Zeit bei Maurer und Steinmetz-Meister Georges Christophe Freysinger auf. Freysinger unterzeichnete den Brief als "Ober-Meister". Über die berufliche Tätigkeit und die Familie Freysingers gibt die regionalgeschichtliche Plattform "Maisons de Strasbourg" nähere Auskunft. Drei Tage nach der Unterschrift Freysingers, am 30. Oktober 1769, erhielt Karl Anton Mayer ebenfalls in Straßburg 2 Schillinge von Almosenpfleger Ritter. Straßburg hatte seit dem 16. Jahrhundert eine detaillierte Almosenordnung und galt als sehr großzügige Stadt bei der Versorgung ortsansässiger Armer und bedürftiger Durchreisender.

Eine weitere handschriftliche Notiz auf dem Gesellenbrief besagt, dass Mayer am 21. November 1769 Burgdorf passierte. Falls Mayer entlang des Rheines reiste und über Basel in die Schweiz kam, könnte dieser Ort Burgdorf im heutigen Kanton Bern sein. Eine Karte des Schwäbischen Reichskreises von 1681 zeigt Ortschaften in Südwestdeutschland und im heutigen Frankreich, die auch Carl Anton Mayer passiert haben könnte.

S. Sanson: Landkarte des Schwäbischen Reichskreis, Paris 1681, Public Domain, Wikimedia

Lindau am Bodensee erreichte Karl Anton Mayer laut Randnotiz am 9. Dezember 1769.

Vermerke zu den Stationen einer Gesellenwanderschaft auf einem Lehrbrief zu finden, ist selten und ein wertvoller Hinweis auf die große Mobilität von Handwerkern in der frühen Neuzeit.