- ein Beispiel für grenzüberschreitende Eheschließung

Die Adressatin eines französisch-sprachigen Geburtsbriefs und einer lateinischen Bescheinigung, die als Taufnachweis fungierte, ist eine junge Frau namens Jeanne le Pourceau. Im vorliegenden Geburtsbrief wird ihre Herkunft aus angesehener Familie von einem Friedensrichter und Freund der Familie aus der Gemeinde Petit-Rechain bestätigt. Petit-Rechain liegt im heutigen Belgien und gehörte damals zum Herzogtum Limburg. Der von einem Geistlichen unterzeichnete lateinische Brief bezeugt Jeannes eheliche Geburt und ihre katholische Konfession. Dieser Brief gibt als Jeannes Geburtsort Andrimont im damaligen Hochstift Lüttich an. Wohnhaft war Jeanne zur Zeit der Ausstellung des Brief jedoch in Franchimont (Hauptort der Grafschaft Franchimont), das ebenfalls zum Hochstift Lüttich gehörte.

Eine niederländische Karte von 1645 zeigt Andrimont als Grenzort zwischen dem Hochstift Lüttich und dem Herzogtum Limburg. Auch Petit-Rechain und Franchimont sind auf der Karte verzeichnet:

Willem and Joan Blaeu: Ducatus Limburgum, in: "Theatrum Orbis Terrarum, sive Atlas Novus in quo Tabulæ et Descriptiones Omnium Regionum, Editæ a Guiljel et Ioanne Blaeu", 1645, Public Domain, Wikimedia

Jeanne war die Tochter von Jean le Pourceau und Jeanne Dome des Champs. Jeanne ließ ihren Geburtsbrief ausstellen, um einen Nachweis zu ihrer ehelichen Geburt zu haben. Es gab viele Ausstellungsgründe für diese Art von Dokumenten, beispielsweise die Absicht das Bürgerrecht in einer anderen Stadt zu erwerben, einem Kloster oder Stift beizutreten, oder die Aufnahme in eine Handwerksbruderschaft oder Zunft zu erlangen. Der lateinische Brief für Jeanne le Pourceau, der von einem Geistlichen aus unterzeichnet wurde, bezeugt Jeannes katholischen Glauben.

Aus anderen Quellen erfahren wir, dass Jeanne le Pourceau mit Jan (Jean) Adam Schmit, einem Böttchermeister aus Mainz, verheiratet war.

„22/05/1687 Par devant moi greffier commis au baillage de Lartziweiller dans le comté de Falkenstein: Jan Adam Schmit bourgeois et maitre tonnelier de Mayence .. sa femme Jenne fille de feu Jan Hubert le Pourceau. (AEL Cour de Herve (ban), reg. 92, f. 54r)“[1]

Im Auszug aus einem Eintrag im "Archives de l'état de la province de Liège" (Staatsarchiv Lüttich) wurde auf Jeanne le Pourceau auch unter den Namen „Jehenne“ oder „Jenne“ verwiesen. Beim oben genannten "Jan Hubert le Pourceau" könnte es sich um den im Geburtsbrief erwähnten Vater handeln. Die unterschiedliche Erfassung der Namen folgt jeweils regionalen Konventionen.

Stammbaum für Jeanne le Pourceau auf Grundlage der Geburtsbriefe und biographischer Angaben in Genealogieonline.nl. Halbgeschwister aus der ersten Ehe ihres Vaters wurden nicht berücksichtigt.

Jeannes Ehemann ist in Mainzer Quellen als "Johann Adam Schmitt" nachgewiesen. Seine Heirat mit Jeanne Le Pourceau ist im Ratsprotokoll von 1686 (1/20) auf S. 533 ebenfalls dokumentiert: "Johann Adam Schmitt Faßbender und Bierbrewer heurathet Johannam Hubertin den 20ten Aug. 1686" Außerdem ist Johann Adam Schmitt im Mainzer Schatzungsbuch von 1694 (6/25, S. 77) erfasst, wo er als Besitzer eines Eckhauses und mit einer beträchtlichen Steuersumme gelistet ist.

Somit kann davon ausgegangen werden, dass Jeanne le Pourceau den vorliegenden Geburtsbrief ausstellen ließ, um nach ihrer Hochzeit in Mainz sesshaft zu werden. Der Geburtsbrief enthält Angaben über ihren Herkunftsort sowie die soziale Stellung ihrer Eltern und diente als Leumundszeugnis.


[1] https://www.genealogieonline.nl/stamboom-gob/I7840.php